10.12.2014

Afrikaner nicht nur als Opfer sehen Von Ruth Stückle (Donau Kurier)

Afrikaner nicht nur als Opfer sehen

Von Ruth Stückle (Donau Kurier)

Ingolstadt (DK) Diese Frau hat eine Botschaft. Das wurde am Sonntag beim Tag der Menschenrechte im Ingolstädter Stadttheater schnell deutlich. Rund 300 Besucher – so viele wie nie zuvor – kamen, um Auma Obama zu hören: Am Ende ihrer gut einstündigen Rede gab es Standing Ovations.

Auma Obama, die Halbschwester von US-Präsident Barack Obama, war Gast beim Tag der Menschenrechte in Ingolstadt. Im Theaterfoyer - eingerahmt von Oberbürgermeister Christian Lösel und Gudrun Rihl von der Ingolstädter ai-Gruppe - war die Begrüßung, ihre Rede hielt sie später im Festsaal. Zahlreiche Gruppen informierten über ihre Arbeit, später trug sich Obama ins Goldene Buch der Stadt ein - Fotos: Eberl
Ihr wurde zugehört. Auma Obama wurde deutlich wahrgenommen – längst nicht nur, weil sie die Halbschwester von US-Präsident Barack Obama ist. Darauf deuteten am Sonntag, als amnesty international und das städtische Kulturamt zum 18. Mal zum Tag der Menschenrechte ins Stadttheater einluden, höchstens die sich im Hintergrund haltenden Personenschützer hin. Weder bei der Begrüßung durch die Gruppensprecherin der ai-Gruppe Ingolstadt, Ayfer Yildirim, und Kulturreferent Gabriel Engert noch beim späteren Empfang im Historischen Rathaus, als sich Auma Obama ins Goldene Buch der Stadt eintrug, kam der Halbbruder zur Sprache. Die promovierte Kenianerin, die in Deutschland Germanistik studiert hat und sich in ihrer Heimat mit ihrer Stiftung Sauti Kuu (zu Deutsch Starke Stimmen) für benachteiligte Kinder und Jugendliche einsetzt, hat selbst wahrlich genug zu sagen.

 „Zugehört und Wahrgenommen – Auch ein Menschenrecht“, lautete das Thema ihrer Rede. Eloquent, kämpferisch, selbstbewusst, mitunter bewusst provozierend trat Auma Obama gegen „das Bild ein, dass man von meinem Land hat“. Natürlich gebe es in Afrika („Es besteht übrigens aus 24 Ländern!“) Armut. Aber eben nicht in ganz Afrika. Die Menschen dürften nicht nur als Opfer gesehen werden, stattdessen müsse man ihre Persönlichkeit wahrnehmen, ihnen zuhören, mit ihnen auf Augenhöhe sein. Auch bei der Entwicklungshilfe gebe es diesbezüglich Nachholbedarf. Mit Wohltätigkeit und Spenden allein sei es nicht getan. Um langfristig zu helfen, müsse man den Menschen ihr Potenzial aufzeigen. Und ihnen klarmachen: „Du bist selbst zuständig für deine Zukunft.“ Darauf baue ihre Stiftung auf.

Benachteiligte Kinder gebe es überall auf der Welt. Man müsse ihre Entwicklung fördern, damit sie später selbst Geld verdienen können. Sie müssten lernen, praktisch zu denken, sich Gehör zu verschaffen, aktiv zu werden und Eigenverantwortung zu übernehmen. Am Beispiel der Kaffee- und Kakaoproduktion zeigte sie, wie sich die wirtschaftlichen Bedingungen in den Produktionsländern auch auf das Leben hierzulande auswirken werden. In 15 Jahren, sagte sie, könne in Deutschland der Kaffee ausgehen. „Die Leute wollen nicht mehr Kaffee und Kakao anbauen, weil es sich nicht lohnt.“
Auma Obama ist kürzlich in den Weltzukunftsrat berufen worden, einer Stiftung, die sich mit nachhaltiger Politik befasst. Ihre Botschaft wird sie auch auf dieser Ebene verkünden. „Man kann sich nur wünschen, dass Sie gehört werden“, betonte Gudrun Rihl von amnesty international Ingolstadt, die die Veranstaltung organisiert hat. Sie fragte die Rednerin auch nach ihrer Einschätzung, was das Engagement der Stadt Ingolstadt in Burkina Faso anbelangt, die den Bau von Schulen in Legmoin unterstützt. Spenden, sagte sie, seien „gut und wichtig“. Doch wenn staatliche Aufgaben wie der Bau von Schulen auf diese Weise finanziert werden, würde dies die Regierungen nur entlasten. Es sei nicht die Lösung des Problems, „wenn Leute aus Ingolstadt kommen müssen, um Schulen zu bauen, und die Regierung macht nichts“.

„Was sagen Sie zu den Chinesen, die jetzt als neue Kolonialherren in Afrika auftreten“, fragte ein Mann aus dem Publikum. Obama: „Die Chinesen machen keine Entwicklungshilfe, die machen Geschäfte.“
Auch das Thema Asylbewerber wurde angesprochen. Der Rat Obamas: Den Menschen, die hier ankommen, „Mut und Kraft geben“. Ein Vertreter des Gehörlosenvereins appellierte, in Afrika Gebärdensprache zu lehren. Der Tag der Menschenrechte wurde heuer erstmals von einer Gebärdendolmetscherin übersetzt.
Im Foyer des Stadttheaters informierten über 30 Hilfsorganisationen über ihre Arbeit. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Marina Frenk und ihrer Gruppe Kapelsky. Die Bewirtung übernahmen das Alevitische Kulturzentrum, der Jugendmigrationsdienst und das Theaterrestaurant.